Heimat finden – eine Aufgabe für Menschen mit und ohne Demenz
Was ist das eigentlich – Heimat?
„Heimat ist ein Befinden, es basiert auf und appelliert an Gefühle. Ein heimatliches Gefühl hat ein Mensch zumeist dann und dort, wo es ihm selbstverständlich ist und wo er sich zugehörig fühlt“, so beschreibt es der Pädagoge und Therapeut Udo Baer.
Ein heimatliches Gefühl entsteht jedoch nicht von einem auf den anderen Tag, sondern ist ein erlebter Prozess. Dafür braucht es einen Lebensraum, in dem man lernen und lehren, indem sich Persönlichkeit herausbilden und gestalten kann. Es ist ein Lebensraum, in dem wir mit anderen in Beziehung gehen und Vertrauen und Vertrautheit wachsen und wir Sicherheit und Zugehörigkeit erleben.
Die Neurobiologie weiß, dass stark emotional besetzte und wiederholte Ereignisse für ein Erleben von Heimatgefühl erforderlich sind. Für die Bildung von synaptischen Verbindungen im Gehirn sind die Verweildauer an einen bestimmten Ort und positive Bewertungen der Ereignisse entscheidend.
Doch was, wenn sich synaptische Verbindungen im Gehirn auflösen – wie bei einer Demenz?
Angehörige von Menschen mit Demenz hören häufig: „ich gehe jetzt nach Hause“ oder „ich gehe jetzt heim“:
Menschen sehnen sich nach Heimat oder Daheim-Sein, was zum Beispiel bedeuten kann:
- Ich gehe heim, weil ich mich in Sicherheit wissen will
- Ich gehe heim, weil ich Geborgenheit und Trost brauche
- Ich gehe heim, weil ich meine Ruhe will
- Ich gehe heim, weil es hier - wo ich gerade bin - langweilig ist oder ich mich nicht zurecht finde
- Ich gehe heim, weil ich mich nach Vertrautem und Gewohnheiten sehne
- Ich gehe heim, weil ich Menschen um mich will, die mich ernst nehmen und verstehen,…
Wenn man sich heimatlos fühlt, hat es Auswirkungen auf das Verhalten in der Begegnung mit anderen. Menschen, die „heimatlos“ sind, wirken unsicher, suchend, sind unruhig und vielleicht schimpfen sie oder ziehen sich zurück und resignieren.
Im Workshop „Heimatfinden – eine Aufgabe für Menschen mit und ohne Demenz“ der letzten Fachtagung des DemenzNetz Kreis Minden Lübbecke sprachen Frau Kaase, vom Verein Leben mit Demenz und Frau Grothklaus, vom Demenzfachdienst der Diakonie-Stiftung Salem gGmbH über verschiedene Möglichkeiten, um Heimat oder Daheimsein zu erleben.
Dabei ist es wichtig, immer auf der Suche nach ganz individuellen kreativen Lösungen zu sein.
Es gilt Räume zu schaffen, in denen Vertrautheit, Sicherheit und Identität zu leben möglich sind, in denen Gemeinschaft, Tradition und Gemeinsames Bestand haben.
Gemeinsame Erinnerungspflege und positive Interaktionen im Alltagserleben schaffen Vertrauen und geben Sicherheit.
Anregende Aufgaben und Aktivitäten geben ein Gefühl von etwas wert sein, gebraucht zu werden und Gemeinschaft zu erleben.
Menschen brauchen Menschen, mit denen sie in Beziehung gehen können. Menschen brauchen Vertrautes und Vertrauen in sich und Andere.
Empathie und Reflexionsfähigkeit erleichtern es uns, Dinge und Bedingungen zu verändern wenn es erforderlich ist.
Und wenn wir erneut Hören: „Ich gehe jetzt nach Hause…“, vielleicht hilft ja ein vertrautes;
„Ich bleib heute hier…, ist schön hier,…bleib doch bei mir…“.
Doris Kaase, Leben mit Demenz Alzheimergesellschaft Kreis Minden-Lübbecke e.V.
Angelika Grothklaus, Demenzfachdienst der Diakonie-Stiftung Salem gGmbH